Zustand Berliner Wälder: Leidende Laubbäume, kräftige Kiefern

Die Klimazerstörung belastet Berlins Wälder, zeigt der aktuelle Waldzustandsbericht

Die Klimazerstörung macht vor Berlins Wäldern nicht halt. Diese Erkenntnis lässt sich dem diesjährigen Waldzustandsbericht entnehmen, den die Umweltverwaltung am Mittwochmorgen veröffentlicht hat. Zwar geht es in der Bilanz leicht bergauf: Der Anteil gesunder Waldbäume ist auf sechs Prozent gestiegen, 2022 waren es noch vier Prozent. Doch Trockenheit und Hitze machen den Forsten zu schaffen.

Jedes Jahr lässt die Umweltverwaltung im Sommer rund 1000 Waldbäume begutachten. Der Fokus liegt dabei auf den Baumkronen: Wenn sich ein Blatt- oder Nadelverlust von über 25 Prozent oder eine starke Vergilbung feststellen lässt, gilt der Baum als deutlich geschädigt. In diese Kategorie fielen dieses Jahr 30 Prozent der untersuchten Bäume, zehn Prozent weniger als im Vorjahr. 64 Prozent gelten als leicht geschädigt.

Die leichte Erholung erklären die Expert*innen mit dem etwas höheren Niederschlag in diesem Jahr. Wirklich gut geht es Berlins Forsten dadurch aber noch lange nicht – vor allem nicht den Laubbäumen. Während sich der Zustand der Kiefern, der häufigsten Baumart in den Landeswäldern, »erheblich verbessert« hat und der Anteil deutlich geschädigter Exemplare von 28 (2022) auf 14 Prozent gesunken ist, kämpfen die Eichen als wichtigste Laubbaumart um ihr Überleben: »Im Jahr 2023 ist der Anteil mit deutlichen Schäden erneut gestiegen und liegt aktuell bei 60 Prozent (plus elf Prozent-Punkte).« Keine einzige Eiche ist gesund. Anderen Laubbäumen geht es noch schlechter: Die ohnehin sehr kleine Anzahl an Buchen wies zu 86 Prozent deutliche Schäden auf, bei sonstigen Laubbäumen erreichte der Anteil deutlich geschädigter Pflanzen mit 72 Prozent einen erneuten Höchstwert.

Dem Naturschutzbund Berlin bereitet das Sorgen: Gerade Eichen seien für die heimische Artenvielfalt unverzichtbar, heißt es in einer Pressemitteilung. »Wir fordern daher den besonderen Schutz und die Pflege alter Bäume.«

Obwohl Laubbäume mehr unter dem sogenannten Trockenstress leiden, empfiehlt der Senatsbericht den weiteren Waldumbau von Nadel- zu Mischwäldern. Dementsprechend kündigte Senatorin Manja Schreiner (CDU) bei der Vorstellung des Berichtes an, 2023 insgesamt eine halbe Million Laubbäume pflanzen zu lassen. Im Gegensatz zu den aktuell dominierenden Kiefern brauchen Laubbäume im Winter kein Wasser und schonen dadurch den Grundwasserspiegel. Ein Mischwald dient außerdem der Artenvielfalt und ist gegen Fraßfeinde und Trockenstress resilienter.

Christian Hönig vom BUND Berlin unterstützt den Waldumbau per se, aber wünscht sich einen sanfteren Ansatz: Anstatt Kiefern zu fällen, um Platz für Laubbäumchen zu machen, sollte man den Wald mit den eigenen Ressourcen arbeiten lassen. »So bleibt das Kronenbild geschlossen und die Feuchtigkeit im Wald«, erklärt Hönig.

Der Bericht geht auf die Entwicklung der vergangenen Jahre ein. Schon 2004/2005 war es um Berlins Wälder schlecht bestellt, bis 2016 erholte sich der Bestand. Dann kam es im Wechsel zu extremen Niedschlags- und Trockenjahren, bis der Waldzustand 2022 ein »Rekordtief« erreichte. Eine Umkehr dieser Entwicklung sei trotz des regenreicheren 2023 nicht zu erwarten: »Im Zuge des Klimawandels ist mit häufigeren Trockenperioden vor allem im Frühjahr sowie sommerlichen Hitzewellen zu rechnen.«

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Um die Wälder nachhaltig zu retten, fordert der Bericht Klimaschutz und die Reduzierung von Emissionen. »Darüber hinaus ist es wichtig, einer weiteren Fragmentierung und Zerschneidung der Wälder vorzubeugen, um Randeffekte wie Austrocknung und Fremdstoffeinträge möglichst gering zu halten.« Ob die Senatorin dem Rat ihrer eigenen Verwaltung nachkommt, ist jedoch fraglich. Schreiner stellt sich klar hinter die Tangentialverbindung Ost, deren Bau 15,8 Hektar des Wuhlheider Waldes zerstören würde.

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